Der inhaftierte Journalist Çetin Çiftçi hat sich im Sincan-Gefängnis in Ankara mit dem Coronavirus angesteckt. Der an Herz- und Nierenproblemen leidenden Journalist musste zuvor öfter ins Krankenhaus eingeliefert werden. Bold hat mit der Ehefrau des ehemaligen Parlamentskorrespondenten der inzwischen geschlossenen Zeitung “Bugün” gesprochen.
Von Cevheri Güven
Der inhaftierte Jornalist Çetin Çiftçi hat sich im Gefängnis von Ankara-Sincan mit dem Coronavirus angesteckt. Çiftçi hatte zuvor einen Herzinfarkt und leidet weiterhin an Herzkrankheiten. Auch wegen seiner kranken Nieren ist der Journalist in medizinischer Behandlung. Seine Ehefrau Selda fordert sein Freilassung aus der Haftanstalt, weil er zur Risikogruppe gehört.
Gesundheitsamt gibt Informationen
Am 12. Mai hatte Selda Çiftçi vom Gesunheitsamt in Ankara erfahren, dass ihr Mann positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Dabei hat sie auch erfahren, dass ihr Ehemann zuvor mehrmals ins Krankenhaus eingeliefert wurden.
“Das Gesundheitsamt hat mir amTelefon erzählt, dass der Covid19-Test bei meinem Ehemann Çetin Çiftçi positiv war. Ich stand unter Schock. Zuletzt hatte ich mit meinem Mann am 11. Mai gesprochen. Er sagt mir, dass es keine Probleme gäbe. Sie hatten angerufen, um die Abstammung des Virus nachzuprüfen. Sie wollten uns auch testen. Ich erzählte, dass Çetin im Gefängnis sei und wir deswegen keinen Kontakt mit ihm hätten.
Als ich das Gefängnis angerufen habe, hatten sie keine Informationen darüber. Sie sagten nur, ich solle eine Stunde später wieder anrufen. Danach hat mich die Abteilung für Krankentransport des Gesundheitsministeriums angerufen. Auch ihnen sagte ich, dass mein Ehemann im Gefängnis sei. Sie hatten das Gefängnis angerufen und sich zurück an mich gewendet. ´Seien Sie beruhigt, wir werden ihn ins Krankenhaus bringen,´sagten sie mir.”
Am 4. Mai ins Krankenhaus gebracht und in Quarantäne genommen
Weil Çetin Çiftçi an chronischen Krankheiten leidet, hat seine Ehefrau verschiedene Recherchen unternommen. Dabei kam raus, dass der Journalist zuvor mehrfach vom Gefängnis ins Krankenhaus gefahren wurde.
“Als ich das Gefängnis zum zweiten Mal angerufen habe, fand ich heraus, dass er am 4. Mai ins Krankenhaus geliefert wurde. Als Vorsichtsmaßnahme wurde er dann in einer Einzelzelle unter Quarantäne genommen. Meinen Recherchen zufolge wurde er am 4. Mai in die Urologieabteilung gebracht. Er habe Probleme an seiner Niere. Am 8. Mai wurde er dann erneut ins Krankenhaus eingeliefert, diesmal weil er Probleme an seinem Rücken hatte. Am 11. Mai wurde bei ihm ein Coronatest durchgefüht, der positiv war.
Çetin wurde im September 2019 verhaftet. Er sagte uns immer, ihm gehe es gut. Meine Recherchen zufolge wurde er drei bis vier Mal wegen Herzrhythmusstörungen ins Krankenhaus eingeliefert. Er hat große Herzporbleme. Jetzt hat er auch Nierenprobleme bekommen. Normalerweise geht mein Mann nicht gerne ins Krankenhaus. Nach seinem Herzinfarkt konnte wir gerade noch so miteinander reden. Das bedeutet, dass der Herzinfarkt und die Corona-Pandemie ernst sind, so dass er ins Krankenhaus gebracht werden musste. Damit wir nicht traurig sind, hat er all diese Informationen vor uns verborgen. Ich hatte noch keine Möglichkeit mit ihm über all diese Dinge zu sprechen.”
Seit dem 13. Mai im Dışkapı Krankenhaus von Ankara
Selda Çiftçi erzählt uns im Gespräch, dass ihr Mann derzeit wegen des Cornavirus im Krankenhaus befindet. Weil sie keine Informationen bekomme, macht sie sich große Sorgen. “Am 13. Mai habe ich erfahren, dass mein Mann ins Krankenhaus gebracht wurden, aber aus Sicherheitsgründen wurde mir nicht gesagt in welches. Nur große Anstrengungen abe ich erfahren, dass er im Dışkapı Krankenhaus ist. Das Krankenhaus hat es auch bestätigt. Weder das Krankenhaus noch das Gefängnis wollten mir Informationen über seinen Gesundheitszustand geben. Sie sagen nur, dass die Therapie weitergeht.”
Trotz Risikogruppe keine Entlassung
Wegen seiner ernsten Krankheiten hat derJounalist Çetin Çiftçi Antrag auf vorzeitige Haftentlassung gestellt “Mein Mann hatte einen Herzinfarkt bekommen, als die Zeitung, für die er arbeitete geschlossen wurde. Danach hatte er einige Male Herzkrämpfe bekommen. Weil er unter einer Herzrhthmus leidet, wurde er drei Mal bereits vom Gefängnis ins Krankenhaus eingeliefert. Jetzt hat er Nieren und Rückenprobleme bekommen. Mein Mann ist in der Risikogruppe. Bis zu seiner endgültigen Urteilsverkündung kann er auch zu Hause sein und dadurch die Pandemie-Zeit überbrücken.
(Foto von Çetin Çiftçi und seinen Kinder im Gefängnis)
Dreifacher Vater
Der Journalist Çetin Çiftçi hat drei Kinder im Alter von 20, 13 und 6 Jahren. Weil er der Parlamentskorrespondent der geschlossenen Zeitung “Bugün,” wurde er im September 2019 festgenommen. Seine Verurteilung ging sehr schnell. Das 32. Gericht für schwere Strafsachen verurteilte den Journalisten wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation zu 6 Jahren und 3 Monaten Gefängnis. Der Fall liegt jetzt vor dem Berufungsgericht.
Als der Journalist arbeitslos wurde, zog die Familie nach Malatya um. Wegen der Corona-Pandemie gibt es in der Türkei Reisebeschränkungen. Die Angehörigen des Journalisten können deswegen nicht nach Ankara reisen. Mit dem neuen Strafvollzugsgesetz wurden 90.000 Gefangene entlassen. Politische Gefangene wie über 150 Journalisten müssen aber weiterhin im Gefängnis bleiben.