Emine Altın bestand die Hochschulzugangsprüfungen in der Türkei mit besonderem Erfolg. Doch aufgrund eines Vermerks in ihren Personendaten darf die junge Frau in der Türkei keine Rechtswissenschaften studieren.
von SEVİNÇ ÖZARSLAN
Seit dem 14. Februar 2018 befindet sich Emine Altın wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Gülen-Bewegung im Gefängnis von Izmir Şakran. Die Mitgliedschaft in der Gülen-Bewegung wird in der Türkei als Terrorismus-Delikt angesehen. Unter schwersten Bedingungen gelang ihr die Hochschulzugangsberechtigung zu erwerben. In der Türkei müssen Schülerinnen und Schüler zu diesem Zweck an Prüfungen teilnehmen. Hier entscheidet sich der weitere Verlauf im Bildungsweg. Ob man ein guter oder eher schlechter Schüler war, spielt nur noch eine Nebenrolle. Wer bei diesen Prüfungen hohe Punktzahlen erreicht, kann in eine der begehrten Studiengänge. Für Altın ging es in die Rechtswissenschaften. Doch jetzt wird die junge Frau daran gehindert an juristischen Prüfungen der Istanbul Universität teilzunehmen.
Ihre Familie hat aus diesem Grund mit dem präsidialen Informationsamt CIMER Kontakt aufgenommen. Erst mit dem jüngsten Antwortschreiben vom 07. Januar 2020 wurde der Familie ein Grund mitgeteilt. Darin wird die Gefangene als eine potentielle Gefährdung für die Sicherheit der Bevölkerung eingestuft. “Sie könnte mittels der Justizorgane die Sicherheit der Bevölkerung gefährden, Mitgliedern von Terror- oder anderen kriminellen Organisationen dabei behilflich sein, Informationen beschaffen oder andere organisierte Aktivitäten ermöglichen”, lautet die Passage in dem Bescheid.
Torturen ohne Ende in Sicht
Emine Altın wird an ihrem Studium gehindert. Dabei sichert die türkische Verfassung mit Artikel 42 den Bürgern das Recht auf Wissensaneignung zu. Fadime Mersin, die Mutter der Inhaftierten Studentin, hat über das große Unrecht berichtet, welches ihrer Tochter seit mehr als zwei Jahren widerfährt. Ihre Tochter habe sich an der juristischen Fakultät der Universität Istanbul eingeschrieben, weil diese staatliche Hochschule auch Häftlinge zulässt. “Man sagt, ihre Tochter sitzt wegen Terrorismus eine Haftstrafe ab, sie könnten den Kommilitonen schaden. Sie könnten keine Verantwortung übernehmen. Dabei hatten sie in Aussicht gestellt, dass sie dort studieren könne, wenn wir die Kosten selbst tragen würden,” so Mersin. Auch die Teilnahme an Prüfungen sei zuvor vereinbarte Sache gewesen. Es sei eine große Enttäuschung für die ganze Familie.
Den schwierigen Abschluss der Hochschulzugangsprüfungen habe ihre Tochter an der Rabia Hatun College in Mersin Turgutlu absolviert. “Sie war unter den besten 1000, was eine großartige Leistung bedeutet. Man fragt mich, ob es meine Tochter ist, die so erfolgreich war. Aber sie haben sie sehr verletzt,” berichtet die Mutter. Aber Komplikationen habe es auch schon in den Anmeldeprozessen gegeben. Neben der schwierigen Situation von ihrer Tochter unterschriebene Dokumente zu beschaffen, hätte die Universität die Aufnahme ihrer Tochter bis auf den letzten Drücker hinausgezögert.
Jura als Zweitstudium
Emine Altın ist eigentlich Mathematik-Lehrerin. Sie heiratete nach Abschluss ihres Studiums Armağan Altın, einen Ingenieur, der auch seit November 2017 im selben Gefängnis in Haft ist. Als ihr Mann rund ein Jahr vor ihr festgenommen wurde, war die junge Lehrerin im zweiten Monate schwanger. Doch in dieser Phase ist ihr Baby im Mutterleib verstorben. Nur vier Monate später wurde auch sie festgenommen. Dabei hatte das junge Paar während den Hochzeitsvorbereitungen kurze Zeit in Untersuchungshaft verbracht. Das junge Ehepaar konnte sich in der Haftanstalt in zwei Jahren nur zweimal sehen.
Der Text wurde für die türkische Version redaktionell bearbeitet. Das Original finden Sie hier.